Raphael Lemkin 1900-1959
Eine außergewöhnliche Persönlichkeit in der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts
Der Humanist und Jurist Raphael Lemkin wurde in Polen geboren und reiste 1939 als Flüchtling durch Europa bis zu seinem endgültigen Ziel in den USA. Lemkin prägte 1943 den Neologismus Genozid, der das griechische Wort genos und das lateinische Wort cide kombiniert, was zusammen übersetzt „ein Volk töten“ bedeutet.
In seiner Autobiografie mit dem Titel Totally Unofficial (deutsch: Ohne Auftrag) erzählt Raphael Lemkin das Leben einer aussergewöhnlichen Persönlichkeit in der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, einer Person mit so viel Einfühlungsvermögen und Mut in seiner Überzeugung von staatsbürgerlicher Verantwortung, dass er sein Leben der Bildung, der Sensibilisierung und dem Kampf für die Existenz eines rechtlichen Rahmens widmete, der die Barbarei durch ein internationales Abkommen eindämmen würde: Die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes. Lemkin folgte Tolstois Maxime, „an eine Idee zu glauben, bedeutet, sie zu leben“, und er machte die Verwirklichung seines Ideals zu seiner Lebensaufgabe. Sein Einfühlungsvermögen und die zeitgenössische Geschichte von der Herausbildung eines staatsbürgerlichen Gewissens und von Rechtstaatlichkeit im zwanzigsten Jahrhundert geben uns zugleich Einblick in einen dunklen und unauslöschlichen Teil der Menschheitsgeschichte. Lemkin wurde 1950 und 1952 für den Friedensnobelpreis nominiert und durch sein Vermächtnis hilft er uns zu verstehen, dass moralisches Bewusstsein und Handeln zur Wahrung der Menschenrechte nicht nur eine Entelechie sind.
Raphael Lemkin war eine Person, deren Intelligenz und persönliche Erfahrungen es ihm ermöglichten, „großzügig zu denken“ und eine Sicht von der Menschheit anzunehmen, die den nationalistischen, rassistischen oder stark ethnisch geprägten Ansichten des 20. Jahrhunderts völlig entgegengesetzt war; und die auch den Einstellungen entgegenstand, die wir im 21. Jahrhundert erleben. Gestalt und Vermächtnis Lemkins sind eine außergewöhnliche Erscheinung, die die Leidenschaft des Autors und sein überwältigendes Bedürfnis verbindet, sich durch seine intellektuelle Entwicklung und seine Besessenheit mit Ungerechtigkeiten nicht nur bei denen, die ihm am nächsten stehen, sondern auch weltweit auseinanderzusetzen. Im Jahr 1944 prägte Lemkin das neue Wort, ein Wort, das heute weit verbreitet ist: ‚Völkermord‘. Der Begriff Völkermord bezeichnet einen Teil einer Konstante in der Geschichte der Menschheit, einen grausamen Gewaltakt gegen Menschen, einen Akt, bei dem 49 Mitglieder von Lemkins Familie getötet wurden, darunter seine Eltern, die in Treblinka starben.
In Lemkins eigenen Worten: „Die Aufgabe des Erinnerns besteht nicht nur darin, vergangene Ereignisse zu dokumentieren, sondern das menschliche Gewissen anzuregen“. Es ist Lemkin zu danken, dass wir den 73. Jahrestag der Verabschiedung der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermords durch die Generalversammlung, am 9. Dezember 1948, feiern können, nur einen Tag vor der Verabschiedung eines anderen wesentlichen Textes durch die UN-Generalversammlung, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfasst wurde, nämlich der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Lemkin erfand nicht nur ein neues Wort, sondern er eröffnete auch die Existenz neuer Möglichkeiten, um mehr Gerechtigkeit zu erlangen.
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